Mittwoch, 25. August 2010

Vom Stubenhocker - dem gemeinen Nerd - zum Geisterschreck

Eine Glosse zur Gamescom Köln 2010 (Messe für PC- und Konsolen-Spiele)

Endlich habe ich gelernt, stundenlang am PC still zu sitzen, und jetzt kommen Spiele, für deren Nutzung ich mich bewegen muß.

Die „Alten“ sind offenbar immer noch die Besten – die alten Methoden nämlich.

Das trifft jedenfalls auf etwas zu, das uns als „Revolution“ der Computer -/ und Konsolen-Steuerung aufgeschwatzt werden soll und von der Idee her, so neu gar nicht ist.

  1. Der User als Geisterschreck…

  2. Kulturkampf oder -Krampf – Alt trifft Neu…

  3. Jedes Ding hat zwei Seiten...

  4. Völkerverständigung ganz ohne ge-Ba(b)bel


Zu 1) Der User als Geisterschreck

An Faßnacht vertreiben wir die bösen Geister - mit ordentlich Wedeln, Winken,Tanzen und Krach schlagen.

Lassen wir also den Fortschritts-(Aber-)Glauben in Gestalt der neuen Technik Einzug halten, in unsere Wohnungen, in unser Leben. Die bösen Geister werden fortgewedelt. Die Zukunft wird lustig und sorgenfrei.


Zu 2) Kulturkampf oder -Krampf – Alt trifft Neu

Man sagt, daß das verwendete Schreibgerät den Flug der Gedanken beeinflußt. Wer mit einer Feder schreibt, die er immer wieder ins Tintenfaß eintauchen muß, denkt tiefer und feinsinniger; vor allem gründlicher als der schnelle Kritzler mit dem Kuli.


Welchen Einfluß mag da wohl das wilde Herumwedeln vor der Spiele-Konsole auf unsere geistige und kulturelle Entwicklung haben? Bitte.


Letztlich ähnelt diese als so revolutionär angesehene Art der Steuerung einer - allen Bestrebungen der artificial intelligence-Forschung zum Trotz - noch immer tumben Rechenmaschine, doch eher dem altbekannten: „Spielen in Bewegung.“


Hieß früher Fangen oder Verstecken oder so. Es soll sogar Kinder geben, die das heute noch spielen. Wie uncool.


Kann man jetzt doch, anstatt einfach mal nach draußen zu gehen, und sich der Gefahr frischer Luft auszusetzen und eine um letzte Anerkennung sich mühende Sonne zu genießen, für teures Geld im Zimmer bleiben und sich stundenlang auf einem Bildschirm dabei zusehen, wie man sich selbst zum Affen macht. Schöne neue Welt…


Zu 3) Doch jedes Ding hat nunmal zwei Seiten...

Die Steuerung eines PC über die Zunge oder über die Blickrichtung, ist für behinderte Menschen eine segensreiche Erfindung.

Für den schnelllebigen Alltag jedoch, bedarf es einer einfacheren Methode.

Eben das Wedeln und Winken; vielleicht auch Pfeifen?

Hundehalter sind da klar im Vorteil.


Oder wollen Sie vielleicht, während Sie einem Vortrag lauschen, ständig das Display Ihres Notebooks ablecken?

Fragende Blicke und ein verschämtes: „Ich schreibe mit.“ „Ach was!“


In die Luft „geschriebene" Zeichen, die einer Gebärdensprache entlehnt sind, bieten also durchaus die Möglichkeit zur Steuerung eines PC.

Soweit geht das klar, doch mit welchen Konsequenzen?


Zu 4) Völkerverständig ganz ohne ge-Ba(b)bel

Daraus würde sich in letzter Konsequenz die Notwendigkeit ergeben, zumindest eine Gebärdensprache zum Bestandteil der Allgemeinbildung zu erheben.

Wir werden es noch erleben, daß sich Menschen wieder mit Gesten über das Gedruckte in Ihrer Hand verständigen. Von Mensch zu Mensch und von Mensch zu Computer.

Dann haben wir es erreicht – das globale Dorf; bei gleichzeitiger Absenkung des allgemeinen Geräuschpegels.


Menschen und Computer, die eine Sprache sprechen und verstehen. Natürlich in tausend Dialekten. Aber immerhin…


Zeige mir, wie du Wedelst, und ich sage dir, welches Computer-System du benutzt.


Und natürlich wird es kommen, wie es kommen muß:


Eine unachtsame Geste, ein falscher Wimpernschlag, der Nachbar winkt mal eben vom Balkon gegenüber und alles ist gelöscht!

Wohl dem, der zuvor dem Speicherchip einen kurzen Fingerzeig und dem Drucker einen freundlich beschwingten Pfiff gegönnt hat.


Aber dann, ja dann, wäre es schon nützlich – das Wedeln und Winken… und lustig, irgendwie.


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